Donnerstag, 28. Februar 2008

am anderen ende der leitung.

ich sitze im wartezimmer der frauenarztpraxis. ich bin angespannt. vielleicht habe ich über manche dinge zuviel gelesen und über andere dinge das falsche; jedenfalls habe ich seit tagen angst, mit dem baby könnte etwas nicht in ordnung sein. mal ist mir so übel dass ich mir einen nachmittag lang die seele aus dem leib kotze, dann wieder überhaupt nicht. und jedes mal, wenn mir nicht übel ist, habe ich angst, das könnte daran liegen, dass etwas nicht stimmt. meine muskeln krampfen so sehr, dass die sprechstundenhilfe erst mehrere minuten lang meinen oberarm massieren muss, bevor sie die blutdruckmanschette anlegen kann.

dann werden wir ins sprechzimmer gerufen. auf nachfragen der ärztin berichte ich von meinen ängsten; sie versucht mich zu beruhigen. "kürzlich erst", erzählt sie, "hatte eine meiner patientinnen einen frühabort. die frau litt noch immer unter schwangerschaftsübelkeit, als der emryo schon fast zwei wochen tot war. übelkeit ist also kein zuverlässiger indikator für die stabilität einer schwangerschaft." ich nicke, höre mir die ergebnisse meiner blutuntersuchungen an. dann kommt der moment der wahrheit: die ultraschalluntersuchung. "letztes mal waren sie ja erst ein bisschen schwanger, jetzt wollen wir mal sehen, ob daraus inzwischen schon etwas mehr geworden ist", sagt sie in ihrer gewohnt pragmatisch-herzlichen art.
wie werde ich reagieren, wenn die ärztin mir sagt, dass der embryo zu wachsen aufgehört hat? was, wenn kein herzschlag feststellbar ist?

sekunden später liege ich barbäuchig auf der untersuchungsliege und bin vollkommen hingerissen von dem, was ich auf dem monitor sehe: ein vierzehn millimeter großes etwas zappelt und zuckt in seiner fruchtblase vor sich hin, angetrieben von einem winzigen pulsierenden fleck: seinem herzen.
alles ist in ordnung. alles ist gut. alles ist so, wie es sein soll.

wir sitzen wieder im sprechzimmer. ich halte einen ausdruck mit zwei ultraschallbildern in den händen. während mir die ärztin von de möglichkeit einer trisomie-21-vorsorgeuntersuchung erzählt, starre ich immer wieder den winzigen weißen fleck unterhalb des riesigen kopfes des embryos an. es hat einen herzschlag! einen herzschlag! damit ist das risiko für eine fehlgeburt auf 3% gesunken. während die ärztin referiert, klingelt das telefon; eine sprechstundenhilfe kommt herein und legt der ärztin die krankenakte einer anderen patientin vor. die ärztin nimmt den hörer ab.

"ja...?...ahja. ist alles abgegangen? hat er noch was gesehen? ...muss man ausschaben, ja....wenn das nicht von alleine vollständig abgegangen ist, dann....ja, genau. das kann ich machen, ja....gut, sie können gegen 12 uhr 30 hier in der praxis vorbeikommen...ist gut, ja. auf wiederhören."

und ich sitze da und starre die momentaufnahme eines der herzschläge des embryos in meinem bauch an.
mein kind lebt. das der frau am anderen ende der leitung nicht mehr.

week eight.