Donnerstag, 7. Mai 2009

foodcontent (xxxix).

wofür ich meiner mutter wirklich dankbar bin ist, dass sie mir von klein auf ein bewusstsein für gutes essen und kochen beigebracht hat. ich stand schon als kleinkind mit ihr in der küche, habe frikadellenmasse geknetet, brotlaibe geformt, kartoffeln geschält und soßen gerührt. nicht ohne stolz erzählt meine mutter bis heute immer noch gerne, dass ich mit 10 schon alleine brot backen konnte.
die küche meiner mutter ist mehr oder minder typische mama-küche. gutbürgerliche hausmannskost. ich selbst koche für uns in der regel eher sog. "leichtere" sachen; aber auf meiner liste der all-time-favourite-meals stammen doch die meisten sachen aus der küche meiner mutter: wiener schnitzel, lasagne, gulasch, grießklößchensuppe, etc.
101 rezepte aus ihrer küche plus viele "haushaltstipps", "ess- anekdoten" und handgezeichnete illustrationen hat meine mutter in mühevoller handarbeit vor etlichen jahren auf kariertes papier gebracht. die einzelnen seiten kochspritzer- fest in klarsichthüllen gesteckt und das ganze in einen blauen ordner gepackt. daraus wurde eins der kostbarsten weihnachtsgeschenke, das ich je erhalten habe:

mamas küche.


mamas küche.


das inhaltsverzeichnis zeugt vielleicht ein bisschen von dem stolz, 101 rezepte per hand aufgeschrieben zu haben und ist möglicherweise deshalb, liebenswert unbrauchbar, nach der anzahl der rezepte nummeriert, anstatt nach seitenzahlen organisiert. mittlerweile finde ich mich aber auch so ganz gut damit zurecht. ich benutze dieses kochbch sehr häufig und wenn unsere wohnung irgendwann in flammen stünde wäre es, nachdem ich gewiss wäre, dass mannkindkatze in sicherheit sind, sicherlich eins der ersten dinge, die ich versuchen würde, zu retten.
was meiner mutter immer besonders wichtig war (und ist): es durfte nichts verschwendet werden. musste man für ein rezept beispielsweise tomaten von ihren kerngehäusen trennen, wurden die nicht weggeschmissen, sondern eingefroren und bei nächster gelegenheit an eine suppe oder zur bolognese getan. aus den blättern von radieschen machte sie radieschenblätter- schaumsuppe, aus dem bratfett der weihnachtsgans gänseschmalz. gemüseabfälle wie lauchblätter und karottenabschnitte mussten erst noch der nächsten fleischbrühe ihr aroma abgeben, bevor sie auf den kompost oder zum schweinefutter kamen. tomaten, die nicht richtig ausreifen wollten und konsequent grün blieben, legte meine mutter sauer ein und würfelförmig zugeschnittene stücke eines misslungenen oder vertrockneten rührkuchens wurden mit kuvertüre überzogen und dienten mir und meinen spielfreunden als nachmittagsnascherei. das hatte nicht immer unbedingt was mit nachkriegstrauma oder geiz zu tun, sondern meistens mit wertschätzung der einzelnen lebensmittel und damit, dass man aus den allermeisten sachen, die man sonst leichtfertig wegschmeißt, noch richtig leckere dinge zubereiten kann.
spargel beispielsweise ist gleich weniger teuer und noch wertvoller, wenn man die abgeschälten schalen im kochwasser mitkocht und selbiges, wenn der spargel gar ist, nicht wegschüttet, sondern noch siedend heiß in saubere schraub- oder einweckgläser füllt.
aspargus stock.

das hält sich im kühlschrank dann etwa 14 tage und innerhalb derer kann man damit zum beispiel folgendes kochen:

mamas küche.

mama's feine kartoffelsuppe mit lachs.

[das apostroph ist an dieser stelle übrigens kein fehler, sondern wichtiger teil des rezepts: ohne schmeckt die suppe nicht. im folgenden zitiere ich den originalen wortlaut des rezepts.]

Zutaten: 1 kg kartoffeln, 1-2 frühlingszwiebeln mit grün, 30g butter, spargelbrühe (--> spargel), 1 päckchen tk- suppengrün, 1 becher süße sahne, salz; 1 kleines paket räucherlachs, fein gehackter dill oder schnittlauch.

[wie so häufig bei handschriftlich überlieferten rezepten, ergeben sich auch bei denen meinem mutter manchmal gewisse irritationen: ich habe zum beispiel keinen schimmer, was sie mit "tk-suppengrün" meint. auf meine frage sagte sie zuerst "das weiß ich auch nicht mehr" und dann, als ich sagte, ich hätte nämlich nach sowas gesucht: "früher gab's das". nunja. ich habe die suppe dann einmal mit dem gekocht, was ich unter suppengrün kenne: stücken von möhrelauchsellerie, und einmal auf verdacht mit einem rest tiefgekühlter kräuter der prowengs. ersteres war leckerer.]

zubereitung:
- in einem topf in heißer butter die feingeschnittenen zwiebeln anschwitzen. die kleingeschnittenen kartoffeln zugeben und mit so viel spargelbrühe aufgießen, dass die kartoffeln knapp bedeckt sind. [anm.: ich nehme lieber so viel spargelbrühe, dass die kartoffeln gut und gerne mit 2cm davon bedeckt sind. sonst wird mir die suppe zu dick.] suppengrün zugeben, wenig salzen. 20 min. köcheln lassen.
- 1 becher süße sahne [anm.: ich finde, ein halber reicht auch] zugießen, aufkochen lassen und die suppe mit dem zauberstab pürieren. abschmecken. [anm.: salz, pfeffer, muskat.]
- beim anrichten die in feine streifen geschnittenen lachsscheiben in die suppenteller verteilen, mit der suppe aufgießen und mit den kräutern bestreuen.
statt lachs kann man auch schinkenstreifen verwenden.

mamas feine kartoffelsuppe mit lachs.


wünsche guten appettit!

[p.s.: mittlerweile haben sich mehrere leser gemeldet, die hilfreich anmerkten, meine mutter habe mit "tk" sicher "tiefkühl" gemeint. ja, hat sie sicher, aber das ist nicht das problem: ich frage mich eher, was sie mit "suppengrün" meint. denn das, was ich darunter verstehe (ein bündel aus lauch, möhre, sellerie, blumenkohl und petersilie) finde ich tiefgekühlt nicht und weiß auch gar nicht, warum es sinn machen würde, das als tk- produkt zu produzieren. hm. ich glaube eher, meine mutter meint eine bestimmte kräutermischung oder sowas. rätsel über rätsel. vielleicht erinnert sie sich bei anderer gelegenheit ja doch noch dran.]