Dienstag, 15. März 2011

oft, wenn ich relativ früh einkaufen gehe und den bioladen recht kurz nach ladenöffnung erreiche, sehe ich dasselbe, in stilvoller ökomode der gehobenen preisklasse glekleidete paar mittleren alters am müllcontainer stehen und aussortierte lebensmittel herausklauben. sie containern, eine sache, dich mich auch schon länger beschäftigt. ich kenne das seit dem studium; diverse meiner ehemaligen kommilitonen waren links bis linksradikal orientiert und betrieben freeganism. soweit ich weiß, kamen sie nur sehr selten in die verlegenheit, für lebensmittel geld ausgeben zu müssen; einige ernährten sich auf diese weise ausschließlich in bio- qualität, jahrelang, kostenlos.
jedes mal, wenn ich dieses paar am bioladen sehe, denke ich, verdammt - ich sollte mein leben wieder radikalisieren, noch konsequenter sein, noch politischer leben. der müllcontainer befindet sich direkt vor der glasfront, hinter der die kassen platziert sind; die mitarbeiter müssen die beiden sehen. niemand hindert sie daran, am hellichten tag noch gut erhaltene bio- lebensmittel aus dem container zu ziehen. jeder, der vorbeiläuft, kann sehen, dass die sachen eigentlich noch einwandfrei sind. vielleicht eine kleine braune stelle am apfel, vielleicht ist die tüte erdnüsse an einer stelle aufgeplatzt, der joghurt einen tag vor dem verfallsdatum. nichts, was man nicht durch herausschneiden, aussortieren oder einmal kurz umrühren wieder in ordnung bringen könnte.
die beiden erbeuten einen strunk bananen, ein paar kiwis, zwei äpfel, eine aufgeplatze tüte babyspinat und noch anderes, dass ich so schnell im vorbeilaufen nicht erkennen kann. während der mann die lebensmittel in seinen rucksack verstaut, geht sie in den laden und kauft, was ihr nach dem containern noch fehlt. unter anderem teure naturkosmetik; ich bin mir sehr sicher, dass sie nicht aus finanziellen gründen containert.
warum mache ich das nicht auch?