Dienstag, 31. Mai 2011

verantwortlich leben.

während der letzten wochen habe ich das frag-mich-doch- spielchen leider sehr vernachlässigt. erstmal: danke für all eure netten, interessierten mails und für all die großartigen worte, die ihr für mein blog (und mich) übrig habt. macht spaß, das zu lesen. und auch, das zu beantworten. lena schreibt:

Als ich deinen Blogeintrag sah, sind mir sofort tausend Ideen eingefallen. Da wären die Food Posts. Herrschaftszeiten kannst du kochen! Das Backgemüse ist bei meiner Familie der Renner. Der Ehemann verzieht eigentlich das Gesicht, wenn das Wort Gemüse fällt. Gibt's Backgemüse: Teller ratzeputzeleer. Wenn ich mal wieder so rumsitze und verzweifelt nach einem leckeren, gesunden Rezept suche, schaue ich mir oft deine "food pics" an. Also: bitte, bitte weiter über's Essen bloggen ;)
Ein weiteres Thema wäre vllt. umweltbewusstes Einkaufen (Spielzeug, Nahrung, Kleidung, etc.) oder schlicht umweltbewusstes leben. Ich glaube, ich könnte da noch einiges von dir lernen.

hach. danke für die blumen :) dass so viele leute mein backgemüse zu einer ihrer lieblingsspeisen erkoren haben, macht mich immer wieder froh. und natürlich werde ich weiterhin übers essen bloggen, keine frage!

aber jetzt zu den weiteren themenvorschlägen: die aspekte, die lena hier unter "umweltbewusst leben" aufführt, würde ich als "verantwortlich leben" beschreiben. mir geht es mit den ansprüchen an meine lebensweise nicht darum, mir auf die schulter klopfen zu können, weil ich so wenig co2 produziere und produzieren lasse, mich darüm kümmere, dass die erst- und drittweltarbeiter, die meine sachen herstellen, faire löhne bekommen oder nur solche gemüsebauern unterstütze, die lebensmittel grundwasser und ihre angestellten nicht mit pestiziden vollsprühen.
mir liegt deshalb so viel an einer solchen lebensweise, weil ich verschissene angst habe vor der entwicklung, die industrialisierung, lebensraumzerstörung, klimawandel, menschen- und umweltausbeutung etc. in den letzten paar jahrzehnten genommen haben. ich bin bis zu meinem 10ten lebensjahr auf dem land aufgewachsen, zwischen tiefen, dunklen wäldern, misthaufen, kuhweiden. das hat mir ein sehr tiefes verbundenheitsgefühl gegenüber der natur und den tieren mitgegeben. ich weiß, dass das in den ohren vieler albern klingt, aber ein großer teil meiner heutigen lebensweise resultiert tatsächlich daraus, dass es mir wehtut zu wissen, dass ein großer teil meines konsums zu lasten von tieren, natur und umwelt geht. ich flenne, wenn ich bilder von gerodeten tropenwäldern oder blasenwerfenden chemikalienteppichen auf der meeresoberfläche sehe. ich will dafür nicht verantwortlich sein. ich will, dass das aufhört.

außerdem macht es mich verdammt wütend, dass alle fäden der konsumindustrie in letzter konsequenz in den händen einiger weniger öl- und lebensmittelgroßindustriellen zusammenlaufen. klingt wieder schön verschwörungstechnisch, nicht wahr? aber ihr könnt ja zum beispiel mal "the age of stupid" anschauen, das ist eine ganz brauchbare und sehr unideologische zusammenfassung des themas.

ich sehe dass so, dass ich, das wir alle, nicht nur eine, sondern die ultimative verantwortung dafür haben, was auf und mit diesem planeten passiert. wir müssen möglichst so leben, dass wir hier (oder auch in den teilen der welt, die so schön weit weg sind und von denen wir nichts mitkriegen müssen, wenn wir nicht wollen) so wenig schaden und so wenig leid wie möglich anrichten. es kann mir nicht egal sein, dass indische baumwollbauern die pflanzen dort mit pestiziden einsprühen, die hier seit jahrzehnten verboten sind und damit nicht nur die baumwolle unauswaschbar vergiften, sondern auch sich selbst - viele krepieren daran. es kann mir nicht egal sein, dass in bangladesch näherinnen sitzn, die 16 stunden täglich arbeiten, damit ich hier ein shirt für 1,99 kaufen kann, während sie von ihrem hungerlohn nicht ansatzweise ihre familien ernähren können. es kann mir nicht egal sein, dass wir x tierarten ausrotten, weil ihr fell so hübsch oder ihr fleisch so lecker ist, oder dass wir ihren lebensraum abfackeln, um dann rinderherden darauf rumlaufen zu lassen. es kann mir nicht egal sein, dass eine riesige industrie uns in dem glauben hält, nur in plastikflaschen abgefülltes wasser sei genießbar, und dass diese industrie unter großer umweltschädigung abartige mengen mineralöl zu flaschen verarbeitet, in denen sie uns den liter wasser für das 5000fache seines eigentlichen preises verkauft, damit wir die flasche hinterher auf den müll werfen, in dem glauben, sie würde zu irgendwas brauchbarem recycled.

und ja, diese angst, dieses unbehagen, diese wut und dieses verantwortungsgefühl sind es, was mich antreibt, in meinem bestreben, möglichst verantwortlich zu leben. das ist die motivation, aus der heraus ich versuche, meine ernährungs-, konsum- und lebensgewohnheiten so umzustellen, dass ich dabei möglichst wenig schaden anrichte. aber ich bin erst mitten auf dem weg und noch lange nicht am ziel.